Es hört sich an wie ein Mantra, dass von zahlreichen Baristas und in allen Foren gebetsmühlenartig empfohlen wird. Die Espressomühle ist wichtiger als die Maschine. Doch wie findet man die richtige Mühle?
Für welche Zubereitungsart soll die Mühle eingesetzt werden?
Verschiede Zubereitungsarten von Kaffee erfordern unterschiedliches Mahlgut. Dabei gilt es primär zwischen Mühlen für Espressomaschinen und für die restlichen Zubereitungsarten zu unterscheiden. Bei der Espressozubereitung wird das Wasser mit rund 9 Bar Druck durch den Puck gedrückt. Das Kaffeemehl muss diesem Druck widerstehen. Aus diesem Grund ist der Mühle bei dieser Zubereitungsart besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Der nachfolgende Beitrag unterstützt dich dabei den für dich optimalen Mühlenentscheid zu treffen.
Totraum
Der Totraum kann bei der Wahl einer Mühle ein entscheidendes Kriterium sein. Er sagt aus wieviel Mehl bei einem Mahlvorgang in der Mühle verbleibt. Dies mag auf den ersten Blick nicht relevant sein, ist aber bei genauerem Betrachten entscheidend. Bei einer Mühle mit 8 Gramm Totraum und einer Dosierung von 16.5 Gramm Kaffee stammt rund die Hälfte des Kaffeemehls vom vorherigen Mahlgang. Wenn man beachtet, dass gemahlener Kaffee nach rund 10 Minuten beginnt seine Aromen zu verlieren, kann man sich ausmalen wie der Doppio am Morgen nach rund zehn Stunden ohne Mahlvorgang schmeckt. Auch beim Anpassen des Mahlgrads kommt der Totraum zum tragen. Nach einer Mahlgradanpassung müssen die 8 Gramm Totraum ausgemahlen werden, da sonst der Puck aus 8 Gramm Kaffeemehl mit alter Partikelgrösse (Totraum) und zu 8.5 Gramm aus Kaffeemehl mit neuer Partikelgrösse besteht. Dies verfälscht den Bezug und erst beim nachfolgenden Bezug kann das Ergebnis nach Mahlgradanpassung abschliessend beurteilt werden. In letzter Zeit ist eine Trend zum Single Dosing bemerkbar. Beim Single Dosing wird die benötigte Menge Kaffeebohnen abgewogen und nur diese gemahlen. Dies bringt den Vorteil, dass die Bohnen nicht im Hopper unnötig altern und ermöglicht den einfachen Wechsel zwischen mehreren Kaffeesorten. Gerade wenn man häufig Kaffeesorte wechselt und gleichzeitig mehrere Blends oder Single Origins geöffnet hat, sollte man sich für eine Mühle mit möglichst geringem Totraum entscheiden. In einer Bar mit hohem Durchsatz ist dieser hingegen nebensächlich.
Konisches vs. Scheibenmahlwerk
Es gibt verschiedene Typen von Mahlwerken. Für Espresso sind ausschliesslich konische und flache Mahlscheiben geeignet. Sämtliche anderen Mahlwerke wie beispielsweise Schlagmessermühlen eignen sich nicht für die Espressozubereitung, da sie zu unregelmässig mahlen. Ich selbst zähle mich zum Lager der Baristas, die keinen grundsätzlichen geschmacklichen Unterschied zwischen den beiden Typen herausschmecken. Espresso schmeckt aus jeder Mühle anders, soviel ist klar. Aber einen charakteristischen Unterschied zwischen Scheiben- und Kegelmühlen gibt es meines Erachtens nicht. Partikelanalysen zeigen, dass konische Mühlen mehr Fines (Kaffeestaub) produzieren. Fines sind per se nicht schlecht, aber gerade bei hellen Röstungen wünscht sich der Barista möglich wenig Fines. Weshalb erläutere ich später im Beitrag.
Unimodales und Bimodales Mahlgut
Beim Mahlgut wird zwischen unimodalem und bimodalem Mahlgut unterschieden. Beim bimodales Mahlgut sind die Partikel unterschiedlich gross und enthalten Fines und Boulders (grobe Partikel). Die Partikel des unimodalen Mahlguts sind regelmässig und enthalten weder Boulders noch Fines. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass für helle Röstungen unimodales Mahlgut und für klassische Röstungen bimodales Mahlgut von Vorteil ist.
Die Grösse der Mahlscheiben
Je grösser die Mahlscheiben, umso schneller mahlt die Mühle. Grössere Mahlscheiben entwickeln ebenfalls weniger Wärme, was die Aromen des Kaffees positiv beeinflussen kann. Die Wärmeentwicklung kann für den Gebrauch im Haushalt vernachlässigt werden. Für den Haushalt spielt die Grösse der Mahlscheiben eine untergeordnete Rolle. Grosse Mahlscheiben (ab 65mm) bringen keinen nennenswerten Vorteile. Eher das Gegenteil ist der Fall, da diese Mühlen oftmals für Gastrobetriebe konzipiert wurden, ist der Totraum nicht optimiert.
Dosierfunktion
Heut zu Tage verfügen die meisten Mühlen über eine digitale Dosierfunktion. Die meisten funktionieren dabei über einen Timer. Der Barista bestimmt in Abhängigkeit des Mahlgrads die Dauer des Mahlvorgangs. Dieser wird festgehalten und ermöglicht so eine konstante Dosierung. Je feiner der Mahlgrad, desto länger benötigt eine Mühle, um die gewünschte Menge an Kaffee zu mahlen. Stellt der Barista die Mühle feiner, so muss er die Mahldauer erhöhen, um die gleiche Menge an Kaffeemehl zu erhalten. Erst wenige vorwiegend im oberen Preissegment angeordnete Mühlen arbeiten mit einer volumetrischen Dosierung oder verfügen über eine integrierte Waage. Der Vorteil dieser Mühlen liegt darin, dass keine Anpassung des Timers nach Verstellen des Mahlgrads notwendig ist. Ebenfalls verursacht der Füllstand des Bohnenhoppers keine Schwankungen. Insbesondere Mühlen mit integrierter Waagen müssen auf solidem Untergrund stehen und sind anfällig auf Vibrationen. Aus diesem Grund sind sie im Gastrobereich bisher wenig verbreitet.
Mehr als nur eine Budgetvariante – Die Handmühle
Mühlen bei denen das Mahlen nicht elektrisch sondern von Hand erfolgt, bezeichnet man als Handmühlen. Diese Mühlen sind entweder für die fixe Installation oder als portable Geräte vorgesehen. In der Regel erhält man für einen verhältnismässig geringen Preis sehr hochwertige Mahlwerke. Sie verfügen meist über einen sehr geringen Totraum. Ein weiterer Vorteil von Handmühlen ist die geringe Lärmemission. Ich habe beispielsweise eine Handmühle gekauft, um die Familie in der Früh bei der Espressozubereitung nicht zu wecken. Solche Mühlen bieten sich an, wenn man nur wenige Getränke zubereitet. Bei hellen Röstungen geht der Mahlvorgang bei einigen Modellen ein wenig streng.
Welches Modell ist das passende?
Diese Frage lässt sich leider nicht pauschal beantworten. Dies hängt massgeblich von den subjektiven Präferenzen des Baristas ab. Dieser Blogbeitrag bietet einen Einblick in die meines Erachtens wichtigsten Kriterien des Entscheids.