Um es vorweg zu nehmen: Das Zusammenspiel von Wasser und den Kaffeearomen sowie dem Geschmack ist hochkomplex und nicht abschliessend erforscht. Der Blogbeitrag liefert eine grobe Übersicht über die Funktion von Wasserhärte, dem PH-Wert und der Alkalinität. Er zeigt auf, was man bei Wasser zwingend beachten muss und bietet einen Überblick über die gängigsten Wasseraufbereitungsmethoden.
Ich selbst habe dem Thema Wasser lange Zeit keine grosse Beachtung geschenkt. Wie so viele hatte ich aufgrund der Komplexität der Materie gewisse Berührungsängste. Dies hat sich nach einem Erlebnis in einem Sensorikkurs schlagartig geändert. Wir verköstigten tagsüber verschiedene Kaffees und beschrieben uns diese gegenseitig umfassend. Am Ende einer Übung, bei der wir vier Kaffees probierten und deutliche Unterschiede herausschmeckten, verriet uns der Kursleiter, dass es sich jeweils um den gleichen Kaffee handelte. Nur die Mineralien im Wasser waren unterschiedlich. Entsprechend gross war die Verblüffung im Raum.
Gesamtwasserhärte, Alkalinität und PH-Wert
Die Gesamtwasserhärte wird durch die Menge an Kalzium und Magnesium im Wasser definiert (gelegentlich noch Dolomit). Bei höherer Dosierung spricht man von hartem, bei geringer Dosierung von weichem Wasser. In der Umgangssprache redet man von Kalk. Durch erhitzen von Wasser erhöht sich die Löslichkeit von Kalk und er fällt aus. Am besten kann man dies an den weissen Kalkablagerungen beim Wasserkocher beobachten. Dieser chemische Vorgang tritt ebenfalls ein, wenn Wasser in einem Boiler einer Espressomaschine erhitzt wird. Wird der Boiler mit hartem Wasser befüllt, löst sich der Kalk und schadet der Maschine. Zwar kann eine Siebträgermaschine selbst entkalkt werden, meine Erfahrung zeigt jedoch, dass eine stark verkalkte Maschine zerlegt und in Einzelteilen behandelt werden muss. Kaffee mit hartem Wasser zubereitet, schmeckt ausserdem flach und fad. Dies ist einerseits auf die höhere Alkalinität, welche meist mit der Menge an Kalzium und Magnesium korreliert, zurückzuführen. Mehr zum Thema Alkalinität weiter unten. Andererseits ist das bereits mit Mineralien gesättigte Wasser weniger gut in der Lage die löslichen Stoffe des Kaffees aufzunehmen.
Die Alkalinität entspricht der Karbonathärte (leicht vereinfachte Sicht und zutreffend für Europa, da hier immer mehr Magnesium und Kalzium im Wasser vorhanden ist als Hydrogencarbonat). Sie ist ein Teil der Gesamtwasserhärte bestehend aus Hydrogencarbonat. Damit sich Kalk bilden kann, benötigen Magnesium und Kalzium einen Reaktionspartner in Form von Hydrogencarbonat. Folglich kann nur soviel Kalk anfallen, wie Hydrogencarbonat im Wasser vorhanden ist. Die gute Nachricht ist, bei der Wahl des Wassers kann man sich aus Optik Kalk somit alleine an der Alkalinität/Karbonathärte respektive am Anteil an Hydrogencarbonat orientieren. Nicht nur bei der Espressomaschine macht sich die Alkalinität bemerkbar sondern auch beim Kaffeegeschmack. Sie fungiert als Säurepuffer. Wie oben bereits angetönt neutralisiert ein hoher Alkalinitätsgehalt die feinen Säuren eines Kaffees, was ihm die Komplexität nimmt. Bei einem hohen Alkalinitätsgehalt wird die zugeführte Säure nicht wahr genommen – der PH-Wert bleibt konstant. Ist der Wert hingegen zu tief, wird zugeführte Säure dominant bisweilen aggressiv.
Der PH-Wert des Wassers wird in eine Skala von 1-14 eingeteilt. Bei tiefen Werten ist das Wasser sauer bei hohen Werten ist es basisch. Bei einem Wert von 7 spricht man von neutralem Wasser. Diesen Wert möchten wir für Kaffeewasser, da die Säuren nicht durch das Wasser sondern den Kaffee ins Getränk kommen sollen. Zwischen PH-Wert und Gesamtwasserhärte/Alkalinität besteht kein direkter Zusammenhang.
Welche Werte sind für meinen Kaffee ideal?
Idealerweise liegt die Gesamthärte deines Wassers für eine Siebträgermaschine zwischen 3 und 5 Dh und die Alkalinität bei rund 2.5 Dh. Bei Filterkaffe darf die Alkalinität sogar noch tiefer sein, da die Säuren aufgrund der geringeren Konzentration nicht so ausgeprägt zu Geltung kommen wie beim Espresso. In der Schweiz liegen die Wasserwerte im Tessin und im Wallis meist in einem guten Bereich für Kaffee. In den restlichen Kantonen ist das Wasser zu hart. Genaue Informationen können meist bei den Wasserwerken in Erfahrung gebracht werden. Alternativ kannst du dein Wasser auch selbst messen. Messtropfen für die oben genannten Grössen sind in Aquaristikgeschäften erhältlich.
Möglichkeiten zur Wasseraufbereitung
Losgelöst von der Wasseraufbereitungsmethode empfiehlt es sich die Wasserwerte vor der Verwendung gelegentlich zu messen. So kann sichergestellt werden, dass diese konstant bleiben und sich nicht plötzlich verändern. Die Gründe hierzu können je nach gewählter Methode mannigfaltig sein.
Eine der einfachsten und gängigsten Methode sind Tischwasserfilter. Die mir bekannten Filter entkarbonisieren das Wasser. Bei der Entkarbonisierung werden die Hydrogenkarbonatsalze des Calciums und des Magnesiums – die obengenannte Karbonathärte – entfernt. Dieses Verfahren bewirkt eine Teilentsalzung des Wassers. Die Teilentsalzung erfolgt mittels Filtration über einen schwach-sauren – mit Wasserstoffionen beladenen – Kationenaustauscher. Bei der Entkarbonisierung entsteht Kohlenstoffdioxid, welches wiederum den PH-Wert senkt. Dies aber meiner Erfahrung nach in einem Mass, welches bei Verwendung von neutralem Wasser nicht bemerkbar sein sollte. Es gilt zu beachten, dass die Kartuschen der Filter regelmässig (in der Regel einmal im Monat) gewechselt werden müssen. Gem. meinen Messungen mit einem Britafilter nimmt die Filterwirkung in diesem Zeitraum bei einem haushaltsüblichen Verbrauch kaum ab. Der Wechsel erfolgt daher primär aufgrund der Verunreinigung durch Bakterien. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass Messungen von anderen Baristas bereits nach wenigen Litern einen deutlichen Rückgang der Filterleistung ergaben. Eine mögliche Erklärung ist die Verwendung eines Filters von einem anderen Hersteller. Weitere Filterprodukte sind Filterpads und Ansteckfilter. Filterpads benötigten mehrere Stunden bis sie Wasser in 14 Dh auf die gewünschten 5 Dh reduziert hatten. Dies gilt es bei der Verwendung zu beachten. Alternativ kann man das Wasser in einem externen Tank in grösseren Mengen filtern und erst nach ausreichender Entkarbonisierung in den Maschinentank geben. Die Wirkung von Ansteckfiltern kann ich nicht abschliessend beurteilen. Messungen sind nur mit entsprechenden Pumpensimulationen möglich. Das Wasser aus der Brühgruppe ist nicht aussagekräftig, da aufgrund des Erhitzens im Boiler die Löslichkeit verändert wurde und dadurch Kalk abfiel. Für Espressomaschinen mit Festwasseranschluss eignen sich fixinstallierte Wasserfilter zur Entkarbonisierung des Wassers. Diese bieten in der Regel vielseitige Einstellmöglichkeiten, so dass der Barista sich sein Wasser nach persönlichen Präferenzen filtern und bei Bedarf mit Mineralien anreichern kann.
Ich treffe immer wieder Baristas an, welche Flaschenwasser für die Zubereitung ihrer Kaffees verwenden. In der Tat kommen Volvic, Purania oder Aqua Panna den Idealwerten sehr nahe und eignen sich bestens für Kaffeewasser. Es gilt aber zu beachten, dass andere Flaschenwasser sehr viel Mineralien aufweisen und sich deshalb nicht für Kaffeewasser eignen. Es ist wichtig die Wasserhärte und die Alkalinität eines Flaschenwassers zu berechnen. Einen Onlinerechner für die Wasserhärte findest du hier. Zur Berechnung der Alkalinität muss die Hydrogencarbonathärte (mg/L) mit 0.04595 multipliziert werden. Ausserdem beziehen viele Discountern beispielsweise LIDL bei ihren Hausmarken das Wasser aus verschiedenen Quellen. So kann es vorkommen, dass die Härte variiert. Der Vollständigkeit halber möchte ich auf die ökologischen Herausforderungen bei Flaschenwasser hinweisen. Einerseits wird die Umwelt durch das Plastik und den Transport belastet, anderseits leiden Regionen, in denen grosse Mengen an Quellwasser entnommen werden unter Wasserknappheit. Im Netz sind zahlreiche Dokus hierzu zu finden.
Keine Wünsche lässt der Wasserbaukasten offen. Dieses Vorgehen ist bei verschiedenen Specialty Coffee Geschäften etabliert. Schliesslich soll das bestmögliche aus dem Kaffee herausgeholt werden. Mittels Umkehrosmose wird das Wasser vollständig entmineralisiert. Entmineralisiertes oder mikrofiltriertes Wasser kann auch im Handel bezogen werden. Von destilliertem Wasser, welches vorwiegend für Batterien oder Haushaltsgeräte verwendet wird, rate ich ab. Im Anschluss fügt der Barista die gewollten Mineralien hinzu und mischt sich sein eigenes Wasser. Dabei verwendet er vorwiegend Magnesiumsalz für die Härte und Natron für die Alkalinität. Weitere Mineralien können nach belieben ergänzt werden. Der Fantasie und den Möglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt. Da sehr geringe Mengen an Mineralien benötigt werden, empfiehlt es sich mit Konzentraten zu arbeiten. Es gibt ausserdem Produkte wie zum Beispiel Thirdwave Water, welche fixfertige Mineralmischungen zum Anrühren anbieten.
Ich persönlich verwende für zu Hause einen Britatischfilter. Das Wasser in Bern ist hart. Ich filtere das Leitungswasser deshalb zweifach vor dem Verwenden. Bei den Caterings nutze ich aktuell noch Flaschenwasser. Ich bin aufgrund von ökologischen Überlegungen auf der Suche nach einer Alternative. Ich hoffe ich konnte euch das Thema Wasser auf eine verständliche Art und Weise näher bringen. Gerne beantworte ich Fragen in der Kommentarfunktion.